Auf dem größten sächsischen SandsteinmonolithenFalkensteingipfel | © Hans-Hagen Hempel

Auf dem größten sächsischen Sandsteinmonolithen

22.08.2023

 

Nach dem Klettern im Katzensteingebiet und an den Wolkensteiner Wänden im Erzgebirge zog es unsere Altherrentruppe wie jedes Jahr um die Sommersonnenwende in die Sächsische Schweiz, der Kinderstube unseres Bergsteigerlebens. Als Gemeinschaftstour schlug ich für dieses Jahr die Ersteigung des Falkensteins über den berühmten Schusterweg vor. Und so herrschte nun ein wildes Gewusel am Einstieg dieses Klassikers. Unsere gesamte Meute stand vorm Schusterweg und hüpfte und sprang in Klettergurte und Kletterschuhe. Peter bildete den Schlangenkopf, welcher während des Aufstieges immer mal wechselte, und hinterher schlängelten sich alle Mitglieder unserer riesenschlangenlangen Seilschaft auf Schusters Rappen über die Einstiegswand und die schrägen Kamine an der Schusterplakette vorbei (mit dem obligatorischen Nasenstüber für Oskar), um schließlich über unteren und oberen Reitgrat den Gipfel zu erreichen. Dort saßen wir gemütlich, trugen uns ins Gipfelbuch ein und genossen den fantastischen Ausblick auf das Sachsenjuwel Elbsandsteingebirge. Dabei erinnerten wir uns an einige Kapriolen aus der Vergangenheit und ich erzählte mal wieder:

 

Die Hosenstory

 

„Anfang der 90er Jahre kam es ab und zu vor, dass ich einen Tag eher im Elbsandstein war als meine Kletterpartner. Meist lief ich dann eine Runde durchs Gebirge und stieg auf abgelegene Gipfel oder unbedeutende Quacken, welche sonst kein lohnendes Ziel darstellten. So auch an diesen Tag, als ich nach einer Wander- und Klettertour durch den Kleinen Zschand und die Affensteine über den Wurzelweg nach Schmilka wanderte und schnell noch auf den Kulissenwächter wollte. Der Nordostweg sah machbar aus und so warf ich meinen Rucksack in die Ecke, zog die Kletterschuhe an und stieg nach oben. Eine abdrängende Stelle im Riss probierte ich hoch und runter ohne Probleme. Also nichts wie rauf zur Einschartung, in die Südwand gequert und die kurze Rinne zum Gipfel. Nach dem obligatorischen Eintrag ins Gipfelbuch wollte ich wieder zu Tale. Aber oh Schreck, die Rinne erwies sich im Abstieg als abdrängend und die Griffe als schnöde Auflagen. Unter mir grinste das schräge Querband, welches mich bei einem Fehler in den grausigen Abgrund des Wurzelweges werfen und zerschellen lassen würde. Am Ausstieg der Rinne befand sich eine Abseilöse. Aber ich hatte kein Seil mit. Welche Wahl blieb mir außer dem sicheren Tod durch Absturz oder Erfrieren in der sich anbahnenden Nacht? Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Ich saß vor der Abseile und blickte verzweifelt in die Tiefe, als sich in meinen Kopf der helle Blitz einer genialen Idee formte. Mein Blick war durch meine Beine nach unten gerichtet. Und was hatte ich da an meinen Beinen? Eine lange Kletterhose! Genau, das war’s. Die Rettung. Ich zog die Hose aus und fädelte ein Hosenbein durch die Abseilöse. Dann hangelte ich an meiner eigenen Hose abwärts. Mit der Stoffdehnung schaffte ich es geradeso auf das schräge Band und zog mein „Hilfsseil“ ab. In der Scharte kleidete ich mich wieder an und stieg locker den Riss zum Boden hinab.“

 

Vom Falkenstein schwebten wir allerdings mit normalen Seilen über 3 Abseilstellen zum Einstieg des Schusterweges zurück. Vom Zeltplatz „Entenfarm“ steuerten wir in den folgenden Tagen noch den Türkenkopf und die Feldwand in Rathen sowie die Hunskirche und den Papst am Papststein an, bevor wir uns bis zum nächsten Jahr wieder in alle Winde verstreuten.

                                                                                                          

Hans-Hagen Hempel